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3. Getränke

Gibt es ein Land, in dem es keine Coca-Cola gibt? Der Irak gehört nicht dazu. Obwohl Konkurrent Pepsi seit 1968 in der gesamten Region eine jahrzehntelange Vormachtstellung genießt, weil die Arabische Liga wegen einer israelischen Abfüllanlage einen Cola-Boykott beschlossen hatte, gelang dem Unternehmen 2005 ansatzlos die Rückkehr in den Irak. Einer zweiten Invasion gleich, schaffte man über Nacht mehr als 500 Coca-Cola-LKW sowie 20.000 Kühlschränke ins Land und überließ den Händlern die Ware auf Kommission. Federführend war der türkische Getränkekonzern Coca-Cola Içecek (CCI), der sechstgrößte Abfüller innerhalb des globalen Cola-Imperiums und führende Anbieter von
sechstgrößte Abfüller innerhalb des globalen Cola-Imperiums und führende Anbieter von nichtalkoholischen Getränken im Mittleren Osten sowie der Türkei, Kasachstan, Aserbaidschan, Kirgistan und Turkmenistan. CCI gründete dazu als Mehrheitseigner eine Firma in der Freihandelszone Dubai, die das Alleinverkaufs und -vertriebsrecht für Coca-Cola-Produkte im Irak erwarb: die Coca-Cola Bottling Company of Iraq.

Zunächst wurden alle Softdrinks aus der Türkei und Jordanien in den Irak exportiert. Als sich das Land ab 2006 zunehmend stabilisierte, entstand eine Abfüllanlage in Erbil mit einer Kapazität von 24 Millionen Flaschen pro Monat. Heute produziert und vertreibt die Coca-Cola Beverage Limited von dort die Getränkepalette des Konzerns. An dieser Firma ist CCI mit 50 Prozent beteiligt. Partner ist der irakische Mischkonzern H. Mahmood J. Al Bunnia & Sons (HMBS), landesweit eines der bedeutendsten Vertriebsunternehmen für Konsumgüter. Über eine Tochterfirma mit eigener Fahrzeugflotte hat HMBS den Coca-Cola-Vertrieb im Irak übernommen hat. Mit welchen Marketing-Agenturen man heute im Land zusammenarbeitet, möchte die Coca-Cola-Unternehmenskommunikation nicht verraten.

Pepsi-Cola war bis 1990 im Irak aktiv und musste das Land im Vorfeld des zweiten Golfkriegs verlassen. Wie bei Coca-Cola gelang 2005 die Rückkehr. Auch Pepsi operiert mit einer eigenen Abfüllanlage, die von einer saudischen Firma in Bagdad errichtet wurde. Dort produziert die Bagdad Soft Drinks Company mit 2000 Mitarbeitern Pepsi, Seven Up und Mirinda für den irakischen Markt. Nach dem Cola-Boykott und der jahrzehntelangen Monopolstellung ist Pepsi heute wieder der kleinere Hersteller: Die Abfüllanlage produziert mit 7,2 Millionen Einheiten pro Monat weniger als ein Drittel als die Konkurrenz.

Anders als manche Europäer vielleicht denken, wird im Irak auch Bier konsumiert. Etwa jeder dritte Einwohnder des Landes trinkt regelmäßig einige Flaschen. Das meistgetrunkene Bier, gerade im Norden des Landes, ist die Marke Efes Pilsen. Sie wird vom türkischen Marktführer, dem Brauereikonzern Efes produziert, der geschäftlich auch mit Coca-Cola Içecek verbandelt ist. Trotz derart starker Konkurrenz hat Gelan Khulusi es geschafft, die deutsche Marke Bitburger im Irak zu etablieren. Der Diplom-Betriebswirt, der sein Büro in Naumburg an der Saale unterhält, exportiert monatlich zwischen vier und sechs Container à 36 000 Dosen Bier in den Irak. Inzwischen ist Khulusi nicht nur Generalvertreter von Bitburger, sondern auch von Radeberger. Außerdem exportiert er in Deutschlands hergestellte Chemikalien, Kabel, Förderbänder und Labortechnik für die irakische Ölindustrie.

„Früher, als das Monatseinkommen bei 200 oder 300 Dollar lag, haben die Leute natürlich das billigste Bier getrunken“, sagt Gelan Khulusi. „Aber seit die Einkommensverhältnisse sich verbessern, wird Qualität nachgefragt.“ Für Transport- und Zollkosten zahlt Khulusi gegenüber Efes etwa das Fünffache. Dementsprechend teurer sind die deutschen Biere beim Händler. „Dazu kam lange Zeit der hohe Euro“, meint Khulusi. Türkisches Bier wird in Dollar abgerechnet. Um die irakischen Konsumenten trotz des höheren Preises zu überzeugen, hat Khulusi etwa anonymisierte Bierproben veranstaltet. „Es hilft, dass deutsches Bier den Menschen ein Begriff ist“, sagt Khulusi – auch wenn der Alkoholgehalt von 4,9 Prozent gegenüber höherprozentigen russischen Importbieren zunächst als Nachteil galt.

Für das Marketing arbeitet Gelan Khulusi mit zwei Agenturen in Erbil zusammen: Nujum und Ur Limited. Sie hängen Plakate auf, stellen Giveaways her und versorgen die Händler mit Kühlschränken und Ladenschildern. Ur Limited ist gleichzeitig der Vertriebspartner innerhalb des Landes. „Einige kleinere Marketing-Gesellschaften gibt es im Irak“, sagt Khulusi. Ur Limited, dessen Büroleiter Dler Rufoo unter anderem auch die mexikanische Marke Corona und das japanische Bier Asahi vertreibt, wird demnächst ein zweites Büro in Basra eröffnen.

Säfte gehören im heißen Irak zu den Konsumartikeln, die noch weitgehend fehlen. Hier kommt Kraft Foods ins Spiel, der nach Nestlé zweitgrößte Lebensmittelkonzern der Welt. Das Unternehmen, das seine Aktivitäten in der Region aus der Freihandelszone Dubai steuert, exportiert das Orangensaft-Pulver Tang in den Irak. Bei Getränkepulver ist Kraft Foods Marktführer im Mittleren Osten. Außerdem liefert der Konzern Käseprodukte in den Irak.

 

Foto: ALI AL-SAADI (AFP/Getty Images)