Geschäftiges Treiben in einer Großstadt, Straßenerneuerung, Neubauten überall …
Wenn da nur nicht die ständigen Straßenkontrollen wären, die bewaffneten Security-Guards vor den Hotels und öffentlichen Gebäuden – man könnte den Eindruck haben, Erbil ist eine aufstrebende, ein wenig südeuropäisch anmutende Stadt.
Aber es gibt auch eine andere Seite: die vielen Strassen, die eher Pistencharakter und tiefe Schlaglöcher haben, die seit Jahren bestehenden Flüchtlingslager am Rande der Stadt, in denen das Abwasser immer noch in offenen Bächen an der „Strasse“ abläuft und die vielen Menschen, die wir vor und in den Krankenhäusern treffen und die uns ihre Geschichte erzählen.
Erbil ist eine quirlige, knapp 1 Million Einwohner zählende Stadt im Norden des Irak. Es soll die älteste ständig bewohnte Stadt der Welt sein. Von der mehr als 7.000 Jahre alten Geschichte kündet unter anderem die Zitadelle mitten im Stadtzentrum. Seit dem Sturz Saddams entstehen überall neue Gebäude, Strassen werden asphaltiert und es herrscht rege Geschäftigkeit.
Aber der erste Eindruck täuscht über die Realität des Alltags der Menschen hinweg. Es herrscht nach wie vor hohe Arbeitslosigkeit (weit über 60%), auf allen Strassen gibt es Kontrollstellen, auch Hotels und öffentliche Einrichtungen werden streng bewacht.
Viele Kinder leiden immer noch unter Unter- und Mangelernährung. Wegen der maroden Abwasserentsorgung sind Durchfallerkrankungen an der Tagesordnung. Strom steht nur für einige wenige Stunden am Tag zur Verfügung. Es bleibt eine Kunst, mit dem wenigen, was man hat, zu überleben.
Im medizinischen Bereich fehlt es an Medikamenten. Manchmal haben die Patienten „Glück“ und finden auf dem Bazar die Präparate, die in Krankenhäusern oder Apotheken nicht erhältlich sind. In Körben findet sich eine bunte Mischung loser Blister und keiner kann sagen, woher die Medikamente kommen, ob das Verfalldatum überschritten ist, ob sie richtig gelagert wurden und wofür sie eigentlich eingesetzt werden.
Aber nicht nur Medikamente, sondern auch Laborgeräte und entsprechendes Verbrauchsmaterial fehlen.
Was bei einem Arztbesuch für uns selbstverständlich ist, nämlich die Erstellung eines Blutbilds oder die Untersuchung von Laborwerten, ist im Irak eher die Ausnahme als die Regel.
Folgen sind u.a. fehlerhafte Diagnosen, falsche Dosierung von Medikamenten und das Nichterkennen von Krankheiten.
Ärzte und medizinisches Personal tun ihr Bestes, um den Patienten dennoch so gut wie möglich zu helfen. Aber es mangelt ihnen an einer guten Ausbildung und den entsprechenden Fachkenntnissen. Jahrzehntelang durften sie das Land nicht verlassen, durften weder an Weiterbildungen noch medizinischen Kongressen teilnehmen, selbst die Einfuhr medizinischer Fachliteratur war durch das UN-Embargo (sog. dual-use) verboten. Jeder einzelne dieser Faktoren ist ein Dilemma, zusammengenommen werden sie zur Katastrophe für die Menschen. Vor allem dann, wenn man weiß, dass die Krebsrate im Irak – insbesondere kindliche Leukämien – drastisch erhöht ist.
Unterstützen Sie unser Erbil-Projekt, das auf vier Säulen aufbaut: Sicherstellung einer kontinuierlichen Medikamentenversorgung, Errichtung einer Blutbank und eines Zentrallabors sowie Qualifizierungsmaßnahmen für Ärzte und medizinisches Personal.