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Entführungen



 Â© Eckehard Schulz/AP
Am Dienstg wurden zwei Mitarbeiter der Leipziger Firma Cryotec im Irak entführt


Ungeachtet der unsicheren Lage machen deutsche Firmen im Irak weiter Geschäfte. Allerdings schicken die Firmen eigene Leute nur noch für Stunden oder wenige Tage ins Land.

 Viele deutsche Unternehmen waren schon lange vor dem Einmarsch der US-Truppenim Irak engagiert. Diese wollen natürlich trotz der jetzt unsicheren Sicherheitslage die früher etablierten Kontakte nicht verlieren. Andere Unternehmen suchen Engagements, um vom großen Auftragskuchen zu profitieren. In der Regel scheuen die Firmen jedoch angesichts von Banditentum, Entführungen und Terroranschlägen die Entsendung eigenen Personals. Die zwei in Bedschi nördlich von Bagdad entführten Ingenieure des sächsischen Anlagenbauers Cryotec GmbH gehören zu den Ausnahmen.

Kaum Deutsche vor Ort
Nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) sind etwa 30 bis 40 deutsche Firmen im Irak tätig. Sie greifen zum größten Teil auf einheimische Mitarbeiter zurück und nehmen die Warnungen des Auswärtigen Amtes wie auch der Wirtschaftsverbände vor Reisen ins Land Ernst. Die Firmen seien vor allem in der Elektrifizierung und Wassertechnik sowie bei Infrastrukturmaßnahmen wie Zementproduktion im Einsatz, erläuterte DIHK-Experte Jochen Clausnitzer. Auch Liefergeschäfte mit Klimaanlagen, Dieselgeneratoren oder Nutzfahrzeugen würden getätigt.
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Im Jahr 2004 stiegen die deutschen Exporte nach DIHK-Angaben wieder auf etwa 370 Millionen Euro. Das entspricht etwa dem Vorkriegsniveau. Im vergangenen Jahr verschlechterte sich aber wieder die Sicherheitslage und auch der Export ging auf etwa 280 Millionen Euro zurück.

Überblick schwer möglich
"Die Lage ist zur Zeit viel zu gefährlich, um Deutsche vor Ort einzusetzen", sagte der Präsident der Deutsch-Irakischen Mittelstandsvereinigung (Midan), Gelan Khulusi. Es seien schätzungsweise etwa 100 Deutsche im Land, die meist für kurze Zeit entsandt würden. Dazu gehörten auch Mitarbeiter, die vor Ort Verträge aushandelten oder organisatorische Aufgaben übernähmen, sagte Khulusi, der sich erst vor wenigen Tagen im Nordirak aufhielt. Ein genauer Überblick sei schwer möglich. Die engagierten Firmen wollten aus Sicherheitsgründen nicht an die Öffentlichkeit.
 
Die Firma M.G. International Transports GmbH (Siegen) etwa ist seit Jahrzehnten im Irak tätig. Sie erledige im ganzen Land, auch in der Region Bedschi, Transportaufträge wie Maschinenlieferungen, sagte eine Mitarbeiterin. "Deutsche Mitarbeiter sind aber nicht im Irak." Die Herausforderungen des wirtschaftlichen Wiederaufbaus sind gigantisch. Geld für Projekte sei vorhanden, sagte Clausnitzer. Deutsche Unternehmen hätten die Chance, daran durch Teilnahme an Ausschreibungen der irakischen Ministerien, der internationalen Organisationen, der US-finanzierten Programme oder durch Kooperation mit der irakischen Privatwirtschaft teilzuhaben. Im Vordergrund stünden Öl-, Elektrizitäts-, Wasser- und Gesundheitssektor.

Enormes Potential für Mittelständler
"Die beste Möglichkeit ist es, gerade für mittelständische Unternehmen, wirtschaftliche Kontakte mit irakischen Firmen über Deutschland zu knüpfen", sagte Khulusi. Dafür biete Midan (Sitz: Köln) eigene Vermittlerdienste, Beratung und Treffen an. Ein nächstes Unternehmertreffen ("Bagdad am Rhein") mit rund 100 Irakern - vom Kachelproduzenten bis zum Büromaschinenimporteur - soll Anfang Februar in Köln stattfinden.
 
Es gebe verschiedene Modelle, wie etwa Käufer und Verkäufer zueinander finden könnten, ohne dass der deutsche Anbieter in den Irak reisen müsse, erläuterte Khulusi. Deutsche Firmen hätten in den vergangenen 30 Jahren unter anderem Zementfabriken, Kraftwerke, Pumpenanlagen und Medizintechnik in den Irak geliefert, sagte Clausnitzer. Für diese Anlagen gebe es einen immensen Modernisierungsbedarf. Neue Niederlassungen würden kaum eröffnet. Deutsche und andere ausländische Mitarbeiter und Spezialisten etwa von Baufirmen oder Speditionen sind im Rahmen von Projekten im Land - in der Regel im kurdischen Autonomiegebiet im Nordirak, wo die Lage ruhiger sei. Es gibt auch eine Flugverbindung (Kurdistan Airlines) von Frankfurt/Main in die nordirakische Stadt Erbil.
 
Edgar Bauer/DPA
   
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