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Trotz großer Anstrengungen hat die WHO nach wie vor ihr Ziel der weltweiten Polio-Ausrottung nicht erreicht.

Kinderlähmung (Polio) bleibt daher auch in Deutschland ein aktuelles Thema, unterstreicht Frau Hendrich, Präsidentin der Polio-Allianz e.V. (www.polio-allianz.de), anlässlich des jährlich am 28.10. stattfindenden Welt-Poliotages.

 

Zunehmende Globalisierung und Reiselust machen das Polio-Virus mobil: Afghanistan, Indien, Pakistan und Nigeria sind nur einige der Länder, die regelmäßig Fälle akuter Kinderlähmung melden; Polioerkrankungen in den Niederlanden (1992/93), Griechenland (1997) oder der Türkei (1998) zeigen, dass die Gefahr nicht so weit von uns entfernt ist, wie wir gerne glauben möchten. Nicht ausreichend geimpfte Reisende können das Virus einschleppen, das sich in einer Bevölkerung, die nicht mehr über den notwendigen Immunisierungsgrad verfügt, schnell ausbreiten könnte.

 
Immerhin knapp die Hälfte der 20- bis 40jährigen Deutschen und mindestens 10% der Kinder unter 10 Jahren sind in Deutschland nicht ausreichend gegen Polio geschützt. „Nehmen Sie den Welt-Poliotag deshalb zum Anlass, Ihren und den Impfschutz Ihrer Familie zu überprüfen und ggf. auffrischen zu lassen.“, ermutigt die Polio-Allianz e.V. 

WHO-Impfkampagne im Irak

Die aktuelle Impfkampagne im Irak zeigt beispielhaft einige der Gründe, warum die WHO ihr Ziel der weltweiten Polioausrottung bislang nicht erreichen konnte:

Manche Regionen und Stadtteile sind aufgrund der prekären Sicherheitslage für die Impfteams nicht zu zugänglich. Zusätzlich wird die Impfaktion durch die ständigen Stromausfälle erschwert, denn der Polio-Impfstoff muss - um wirksam zu bleiben - kühl gelagert und transportiert werden.

Impfung – Der einzig sichere Schutz vor Kinderlähmung

 

Trotz des irreführenden Namens können auch Erwachsene an Kinderlähmung erkranken. Nur durch ausreichende Immunisierung, d.h. Impfung, wird die Übertragungskette von Mensch zu Mensch unterbrochen. Zwei Impfformen - Injektions- und Schluckimpfung – stehen zur Verfügung.

 

In Deutschland ist nur noch die Injektionsimpfung erlaubt, bei der ein Impfstoff aus abgetöteten und daher nicht mehr ansteckenden Polio-Viren eingesetzt wird.

 

Bei der Schluckimpfung werden hingegen abgeschwächte Lebendviren als Impfstoff verwendet, weil damit ein höherer Immunisierungsgrad der Bevölkerung erreicht werden kann. Durch die Verwendung von Lebendviren besteht bei dieser Impfform allerdings auch ein Risiko, durch die Impfung an Kinderlähmung zu erkranken. Daher wird die Schluckimpfung nur noch in Ländern angewandt, die akute Polio-Fälle melden oder in denen Polio noch nicht als ausgerottet gilt.

 

Was ist Kinderlähmung eigentlich?

 

Kinderlähmung (= Poliomyelitis, Polio) ist eine hoch ansteckende Viruserkrankung, die in den meisten Fällen mit unspezifischen, grippeähnlichen Symptomen verläuft. In schweren Fällen treten Lähmungen der Arme, Beine und/oder Atemmuskulatur auf, die sich manchmal im Verlauf von Monaten ganz oder teilweise zurückbilden, aber auch lebenslange Folge bleiben können.

 

Dianne O’Dell feierte im Februar dieses Jahres ihren 60. Geburtstag. Als Kind erkrankte sie an Polio. Seitdem ist ihre Atemmuskulatur gelähmt. Dianne O’Dell kann nur in der „eisernen Lunge“ überleben, einer Röhre, die ihren gesamten Körper einschließt und lediglich ihren Kopf freilässt. Der so erzeugte Unterdruck ermöglicht das Einatmen, indem Luft durch den Mund in die Lunge eingesogen wird. Umgekehrt ermöglicht Überdruck das Ausatmen.

 

Viele Polio-Patienten waren während der Akutphase ihrer Erkrankung ganz oder teilweise auf die eiserne Lunge angewiesen; andere mussten Beinschienen, Stützapparate und orthopädische Schuhe tragen.

 

Wilma Rudolph, vielen besser bekannt als „schwarze Gazelle“, erkrankte im Alter von vier Jahren an Kinderlähmung. Mühsam und mit Hilfe spezieller Physiotherapie, Krücken und Beinschienen überwand sie ihre Lähmungen. Im Alter von 12 Jahren – also 8 Jahre nach ihrer akuten Erkrankung - konnte sie wieder ohne Hilfsmittel gehen. Aber das genügte ihr nicht: sie wurde Läuferin, brach mit 19 Jahren den 200m-Weltrekord und gewann 1960, bei den Olympischen Spielen in Rom, drei Goldmedaillen.

 

Lebensläufe, wie der von Wilma Rudolph, geprägt von Ehrgeiz und eisernem Willen, sind charakteristisch für viele Polio-Betroffene. Über Monate nahezu vollständig bewegungsunfähig ans Bett gefesselt, müssen sie jede Bewegung neu lernen, Stützapparate und orthopädische Schuhe tragen, Schmerzen und die Hänseleien ihrer Umwelt ertragen. Die Erfahrung, in allem von anderen abhängig zu sein, prägt ihr Leben nachhaltig. „Nie mehr andere um etwas bitten müssen!“, wird für viele daher zu einer Art Lebensmotto.

 

Umso grausamer, wenn nach Jahrzehnten gesundheitlicher Stabilität plötzlich erneut Schmerzen und abnorme Müdigkeit auftreten, wenn jede Kleinigkeit zu einer Kraftanstrengung wird, Stürze ohne ersichtlichen Grund, Atemnot oder Schlafstörungen auftreten.

 

Hierbei handelt es sich um das sog. Post-Polio-Syndrom (PPS), an dem ca. 70% der ehemaligen Polio-Patienten erkranken. Zwar gibt es keine eindeutige wissenschaftliche Erklärung, überwiegend wird jedoch die Ansicht vertreten, dass das Post-Polio-Syndrom die Folge jahrelanger, ständiger Nervenüberlastung ist.

 

PPS ist nicht heilbar und der Verlauf progredient, d.h. kontinuierlich fortschreitend. Die Patienten sind gezwungen, mit ihren Kräften zu haushalten, jede Form der Anstrengung zu vermeiden und sich ausreichend Ruhe und Erholung zu gönnen. Eine vollständige Umstellung der bisherigen Lebensplanung ist die Folge, wobei neben die körperliche Erkrankung noch die psychische Belastung der erneuten Abhängigkeit von anderen tritt.

 

Sie können dazu beitragen, dass Kinderlähmung keine Chance mehr hat. Überprüfen Sie Ihren Impfschutz. Für Fragen oder weitere Informationen steht Ihnen gerne die Polio-Allianz e.V. zur Verfügung.